Mit der Elefanteninsel hat die Mannschaft zwar endlich Festland erreicht, doch außer ihnen selbst weiß niemand, wo sie sich befinden – die Welt wähnt sie in der Antarktis. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dort je gesucht, geschweige denn gefunden werden, ist folglich gering. Hunderte Kilometer trennen sie von der Zivilisation.
Da Rettung nicht zu erwarten ist, beschließt Shackleton, selbst Hilfe zu holen. Eines der Boote wird verstärkt, Shackleton bricht zusammen mit fünf Mann auf. Das Meer südlich von Kap Hoorn gilt als das heimtückischste auf der Welt. Die JAMES CAIRD, mit der sie aufbrechen werden, ist mit seinen 7 Metern Länge nicht mehr als eine Nussschale in dieser stürmischen See.
Während die Zurückbleibenden darum kämpfen, ihre Moral aufrecht zu erhalten und mit den knappen Lebensmitteln die Wochen zu überstehen, kämpft der Rettungstrupp zehn Tage lang gegen Wellen und heftige Winde. Das Eis auf ihrem Boot ist so dick und fest, dass sie es mit der Axt abschlagen müssen.
Vor der Küste der Insel Südgeorgien beschließt Shackleton, die Insel nicht zu umfahren, sondern sie zu Fuß zu überqueren. Zu dritt machen sie sich auf den Weg, die anderen drei bleiben zurück – sie sind zu schwach, sie würden nicht überleben. Höhenkrankheit, Dehydration, Hunger und Erschöpfung – noch einmal überwinden Shackleton und seine beiden Begleiter ihre eigenen Grenzen.
Über die Insel Südgeorgien
Drei Berge erklimmen sie, nur um festzustellen, dass sie nicht weiterkommen, dreimal kehren sie um. Auf dem vierten Bergkamm ist die Kraft am Ende:
Sie halten sich einer hinter dem anderen bei der Schulter und rutschen gemeinsam den Abhang hinunter – über 1.000 Meter in die Tiefe.
Zerschlissen und ausgemergelt erreichen sie nach mehr als 36 Stunden eine Walfangstation. Noch am selben Tag holt ein Boot die anderen drei Männer, während Shackleton sich um ein Schiff für die Fahrt zur Elefanteninsel bemüht.
Doch auch dies gelingt nicht ohne Widrigkeiten. Dreimal erhält Shackleton ein Schiff, dreimal scheitert er an dem dichten Eis. Am 30. August 1916 schließlich erreicht er mit dem Dampfer YELCHO die Insel. Die Männer am Ufer jubeln.
Shackleton gelingt es, alle seine Männer zu retten. Sie werden gefeiert, doch zurück in England trifft sie eine andere harte Realität: der Erste Weltkrieg.
Zitternd vor Kälte, doch leichten und frohen Herzens machten wir uns auf den Weg zur Walfangstation, die nun nur noch vier Kilometer entfernt lag. Die Fährnisse unserer Reise lagen hinter uns. Der Gedanke, dass womöglich weibliche Wesen in der Station sein könnten, machte uns unser unzivilisiertes Äußeres peinlich bewusst, und wir versuchten, uns notdürftig ein bisschen herzurichten.
Unsere Bärte waren lang und unser Haar dick verfilzt. Wir waren ungewaschen und die Kleidung, die wir fast ein Jahr lang ununterbrochen getragen hatten, war unbeschreiblich schmutzig und völlig zerlumpt.
Ernest Shackleton, Marsch über die Insel Südgeorgien